Neulich ging es darum, eine Geburtstagsfeier zu organisieren. Da meinte ein Freund zum anderen: „Ja, da brauchen wir aber noch dieses und jenes. Und bevor wir nicht dies und das gemacht haben, ist solches und jenes gar nicht möglich.“ – Der andere Freund darauf hin „Mach nicht so nen Hermann, das geht auch so.“
Was bedeutet „einen Hermann machen“?
Man könnte annehmen, dass es sich bei Hermann um einen älteren, ungeschickten Herren handelt. Dieser trägt pauschal diesen Namen und hätte auch Klaus oder Horst heißen können. Hermann ist einfach ein Name, der früher (Geburtsjahre vor 1970) weit verbreitet war. Schauen wir uns zunächst an, was es mit dem Namen auf sich hat.
Vorname Hermann
Hermann ist ein zweigliedriger germanischer Vorname, und kombiniert die Elemente
- „heri“ (Armee, Heer)
- „man“ (Mann)¹
Der Name gibt also keinen Aufschluss, die Aufforderung sich wie der Bauer (Bild oben) zu verhalten, ist wohl nicht gemeint.
Ebenfalls ausschließen kann man wohl die Aufforderung, Kinder in die Welt zu setzen, die dann den Namen Hermann tragen sollen.
Sehr wahrscheinlich geht es wohl um ein „nachwachsendes“ Nahrungsmittel, den Hermannkuchen. Um ganz viel Back-KnowHow zu überspringen, hier geht’s direkt zur Redewendung.
Hermann-Kuchen
Sehr wahrscheinlich ist, dass die Redewendung „mach nicht so nen Hermann“ vom Hermannkuchen kommt. Dieser Kuchen ist zwar anfangs relativ einfach herzustellen, später bedarf er aber einer intensiven Pflege. Die Süßspeise ist sogar derart aufwändig, dass Sie als neues Familienmitglied daher kommt, als Hermann eben. Und der Kuchen muss wachsen. Dafür muss man sich 10 Tage lang jeden Tag kümmern.
Wenn Hermann groß genug ist, wird er geteilt. Hermanns Eltern, die Bäcker, trennen einen Teil ab und verschenken ihn. Der Beschenkte, kann dann seinen eigenen Hermannteig züchten und wachsen lassen. Und er kann immer wieder neuen Kuchen backen oder eben wieder weiterverschenken.
Jeden Tag will Hermann bespaßt werden. Es muss eine Zutat hinzugefügt werden oder Hermann muss gerührt werden. Nur Gassi-gehen muss man nicht mit ihm.
Man unterscheidet nun noch in:
- Neu angesetzten Hermann
- Geschenkt bekommenen Hermann
Grundrezept (neu angesetzter Hermann)
Menge | Zutat |
0,5 Päckchen | Trockenhefe |
1 Esslöffel | Zucker |
1 Tasse | lauwarmes Wasser |
1 Tasse | Weizenmehl |
Alle Zutaten werden verrührt. Danach lässt man alles 2 Tage an einem warmen Ort zugedeckt gehen. Umrühren ist während dieser Zeit strikt untersagt.
Danach stellt man Hermann 24 Stunden in den Kühlschrank.2
Hermannkuchen: Pflege und Zubereitung
Ob geschenkt oder selbst angesetzt. Jetzt fängt die Pflege und damit die Komplexität erst an. Denn nun muss man sich 10 Tage lang um Hermann kümmern. Und zwar wie folgt:
- Tag: Ruhen
- Tag: Rühren
- Tag: Rühren
- Tag: Rühren
- Tag: Füttern. Umfüllen in ein größeres Gefäß, denn jetzt wächst er gleich.
Eine Tasse Zucker, eine Tasse Mehl und eine Tasse Milch hinzufügen. Rühren. - Tag: Rühren
- Tag: Rühren
- Tag: Rühren
- Tag: Rühren
- Tag: Füttern. Wieder eine Tasse Zucker, eine Tasse Mehl und eine Milch dazugeben2
Jetzt teilt man den gewachsenen Teig in 4 Teile. Hier ist eine mögliche Aufteilung:
Der wirkliche Hermannkuchen (Backrezept)
Das wars schon? Weit gefehlt, erst jetzt kann die Grundzutat, der Teig verwendet werden.
Es gibt zahllose Rezepte, die man mit dem Hermann-Teig backen kann.
Ein einfaches Rezept für einen Kuchen gibt es hier. Der Teig wird nun um folgende Zutaten ergänzt und ergibt dann den Rührkuchenteig:
Menge | Zutat |
2-3 | Eier |
2 Tassen | Weizenmehl |
0,5 – 1 Tassen | Zucker |
0,5 Tassen | geschmolzene Butter |
1 Prise | Salz |
1 Päckchen | Vanillezucker |
0,5 – 1 Päckchen | Backpulver |
Hermann-Brief und Teig verschenken
Um das ganze noch etwas dramatischer zu gestalten, verschenkt man den abgetrennten Hermannteig mit einem Kettenbrief an die lieben Nachbarn oder Verwandten.
Kettenbrief: Das war in den 80ern so etwas, wie wenn heute per Whatsapp oder FB irgendwer eine Nachricht schickt, die dann im Schneeballsystem weiterverteilt werden muss. Neueste Adaption, die Ice-Bucket-Challenge.
Aber weiter. Dieser Brief beinhaltet die Pflegeanleitung des neuen Familienmitglieds.
Geschrieben ist das ganze aus Sicht von Hermann selbst. Und so sehen die Gedanken des krümeligen, lyrischen Ichs aus:
Weitere Namen für den Hermannkuchen sind übrigens Glückskuchen, Glücksbrot und Vatikanbrot.
Redewendung „Nicht so einen Hermann machen“
- Hermann ist ein gebräuchlicher Männervorname bis in die 1970er.
- Der aufwändige Hermannkuchen hat einen Vornamen, da er sehr viel Fürsorge bedarf. Vergleichbar mit der Pflege eines Kindes oder Familienmitglieds.
Einen Hermann machen steht synonym für:
- Sachen unnötig komplex und kompliziert zu machen.
- Viel Aufwand für ein kleines Ergebnis zu machen.
(Hermannkuchen ist letztlich auch nur ein Rührkuchen) - Sich künstlich aufzuregen, statt Ruhe zu bewahren.
(Nicht in Hektik zu verfallen / Gut Ding will Weile haben )
Wenn das also nächste Mal jemand zu Dir sagt: „Mach nicht so nen Hermann“, dann weißt, dass Du einen Gang runterschalten sollst. Oder du bist gerade dabei Sachen schwieriger zu machen als sie sind. Ob derjenige damit allerdings Recht hat, musst Du natürlich selbst entscheiden.
Geht es darum einfach mal einen Rührkuchen zu essen, muss man keinen Hermann machen. Ein einfaches Rezept (30min) tut es schließlich auch.
Herr Hermann Mann
Ganz nebenbei, der Name Hermann bietet sich wunderbar für Wortspiele an. Wie wäre es, wenn man einem Herrn Hermann Mann aus Hermannsdorf mal einen Hermann-Brief oder noch besser gleich einen Hermann-Kuchen schickt? :-)
Ich habe einmal einige Zeit in einer Buchungsabteilung gearbeitet und mir sind dort so einige lustige Namen begegnet. Herr Mann war leider nicht dabei. Dafür aber:
- Herr August Starke aus Dresden
- Herr Fleischer aus Lederhose
- Dachdecker Keller
- usw.
Den Hermann-Kuchen kann man übrigens auch mit Zuckerguss/Zuckerglasur überziehen. Dazu dann ein Tässchen Kaffee. Allerdings nich unbedingt jeden Tag… in jeder Woche… das ganze Jahr lang.
Bildquelle: Jerzy Sawluk / pixelio.de, eigene Darstellung, Stadtkatze / flickr, eigene Darstellung
Weitere Quellen:
¹Vornamenlexikon: Hermann (Vorname) (31.08.2014)
2Bienchen800: Hermann Ansatz (31.08.2014)
3Muffin-World: Kettenbrief (31.08.2014)
Ich dachte das kommt von meinem Onkel XD